„Wir lieben Badenweiler“

Badenweilers Innenstadt soll attraktiver werden / Zustandsbericht der IHK Innenstadtberatung

Badenweiler. Gut besucht war der Sitzungsaal des Rathauses in Badenweiler beim Treffen des Einzelhandels, zu dem die Gemeindeverwaltung eingeladen hatte. IHK Innenstadtberater Thomas Kaiser stellte die ersten Ergebnisse aus seinen Analysen vor und machte erste konkrete Vorschläge zur Stärkung der Ortsmitte.

Ein wichtiger Baustein ist dabei die Revitalisierung der Leerstände, eine Maßnahme für die Fördermittel des Landes beantragt wurden, die erst jüngst auch bewilligt wurden. 
Die gegenseitige Verantwortung für einen nicht nur für Übernachtungsgäste und Tagestouristen attraktiven Ortskern, sondern auch für die Einwohnerschaft, ist angekommen, so Bürgermeister Vincenz Wissler. Die Gastronomie und Hotellerie brauchen attraktiven Handel, genauso wie der Handel nur im Mix aus Tourismus und Einwohnerschaft bestehen kann. 
In seinem umfangreichen Bericht, der 80 Seiten umfasste, resümiert Kaiser den strukturellen Wandel, in dem der Kurort Badenweiler sich seit Jahren befindet. Strukturen und Besatz sind in einer Zeit entstanden, zu der die Anzahl der Übernachtungsgäste noch viermal zu hoch waren, wie es diese heute sind. Zudem hat sich in der Pandemie auch das Kauf- und Besuchsverhalten fast schon radikal geändert, was zur Folge hatte, dass sich das „Leerstandskarussell deutlich schneller drehte“, so Kaiser, was eine starke Zunahme der Leerstände zur Folge hatte. Dabei liegt der durchschnittliche Mietpreis der leerstehenden Ladenflächen schon unter 8 Euro pro Quadratmeter kalt, mit einzelnen Ausreißern nach oben. 64 Ladenlokale aus Handel, Gastronomie und Dienstleistung hat Kaiser zwischen Kurhaus und Zöllinplatz erhoben. Erste Überraschung, in der Wahrnehmung deutlich mehr als erwartet. „Das ist schon ein kleines Shoppingcenter mit Schönheitsflecken“, so Kaiser, der damit auf die derzeit 18 Leerstände hinweist. 33 Prozent der Flächen sind Handelsnutzungen, gefolgt von 23 Prozent  aus dem Tourismus und 16 Prozent aus der Dienstleistung. „Eine typische Struktur derzeit auch in anderen Städten“, so Kaiser, der damit aber auch zum Ausdruck bringt, dass viele Flächen, die früher mal Einzelhandel waren, nun Leerstände sind oder kaum frequenzbringende Dienstleistungen. Aber Handel kann in viele Fällen eben nicht mehr durch Handel ersetzt werden.
Badenweiler besticht durch Kurpark, Therme, Lage und Flair dieser mediterran anmutenden Stadt. „Die Besucher kommen nicht als Hauptmotiv zum Shoppen in die Gemeinde“, so Kaiser. Daher sollten die Übernachtungsgäste und vor allem die vielen Tagestouristen als Potential gesehen werden. 
Berührungspunkte auf deren Lauf- und Informationswegen müssen ausgestaltet werden und wenn es „nur“ das Hinweisschild an der Therme ist „Hier geht es zur City“. 
Auch im Innenmarketing besteht Nachholbedarf, so Kaiser weiter. Ideal wäre zukünftige strukturelle Verankerung des Marketings nach innen bei der BTG. Eine Kampagne „Wir lieben Badenweiler“ könnte dann mit dieser Struktur einfacher aufgegleist werden.  
Auch beim Punkt digitale Sichtbarkeit sieht Kaiser Nachholbedarf. Sowohl in der kollektiven Wahrnehmung der Innenstadtbetriebe wie auch auf Einzelbetriebsebene. 17 Prozent  der Betriebe haben keine Website und beim Einzelhandel ist jeder dritte Betrieb ohne Website. Auch bei Socialmedia-Aktivtäten hat Kaiser Potenzial erkannt – nur 47 Prozent der Betriebe haben eine Facebook-Seite und nur 15 Prozent einen Instagramkanal.
Erste Maßnahmen zur Verbesserung dazu laufen bereits, so hat am 21. Juni ein Google Unternehmensprofil Workshop in Badenweiler stattgefunden, eine Instagram Schulung folgt im Juli. 
Kaiser wie auch die Akteure von Stadt, Handel, Tourismus und Eigentum geben aber den Standort nicht auf, sondern sehen mit der angelegten DNA der Gemeinde hohes Potenzial, welches mit klarer Zielvorgabe und konkreten Maßnahmen ausgeschöpft werden kann. Daher schlägt Kaiser vier Leitlinien der Ortsmittenentwicklung vor, die ab sofort zumindest bis 2023 wie Leitplanken den Weg vorgeben sollen: Die Revitalisierung der Leerstände unter Nutzung des bewilligten Fördertopfes aber auch Fortführung des Modells nach der Förderung ab 2024 durch Einbezug der Eigentümer. Die klare Positionierung der Ortsmitte mit professioneller Begleitung in Richtung Kunst, Kultur und Literatur zum Ausdruck gebracht durch Events aber auch einen Wochenmarkt. Ein     Innenmarketing – aufgehängt bei der BTG (Badenweiler Tourismus GmbH) und das Abholen der Tagestouristen an deren Touchpoint analog wie digital. 
Diese Leitlinien werden nun inhaltlich aufgeladen. Erste Nutzungsverträge mit PopUp Nutzern sind geschlossen und werden im Juli an den Start gehen. Eine Veranstaltung für Immobilieneigentümer ist am 13. September,  18.30 Uhr geplant. Dort wird ein mögliches Engagement der Vermieter besprochen, eingebunden in ein Starter-Paket geschnürt von Gemeinde, BTG, Immobilienmakler und IHK. 
Gespräche mit der Agentur Meyer & Koch aus Endingen werden geführt, die erfolgreich den ersten Antikmarkt in Badenweiler durchgeführt hat und weiter bei Positionierungsevents unterstützen kann. Und beim Abholen der Tagestouristen wird eine klare Beschilderung an markanten Laufwegen der Besucher der Therme geprüft, die den Besuch der City anregen soll. Zudem steht mit dem Modell eines „Deals“ eine Kopplung der Besucher der Therme, des Parkhauses oder dem Musical „Bikini-Skandal“ mit dem Handel und der Gastronomie in der Pipeline. (WZO)