Walter-Scheel-Gymnasium?

Politische Kreise erwägen eine  Umbenennung des Kreisgymnasiums Bad Krozingen

Bad Krozingen. Die bahnbrechenden Freiburger Thesen der FDP und ihre Umsetzung, die sozialliberale Koalition, die Entspannungspolitik auf Basis der Ostverträge und eine nie gekannte  Volksnähe eines Bundespräsidenten – all das summiert sich im Lebenswerk des 2016 in Bad Krozingen verstorbenen Walter Scheel. Im Heilbad wird diskutiert, ob der einstige Außenminister und Bundespräsident  Namensgeber für das Kreisgymnasium wird.

Acht Kreisgymnasien gibt es im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, aber nur drei nennen sich noch so: Die Kreisgymnasien Hochschwarzwald in Titisee-Neustadt sowie jene in Bad Krozingen und Neuenburg am Rhein. Die anderen fünf Kreisgymnasien haben bereits einen individuellen Namen: Das Martin-Schongauer-Gymnasium in Breisach, das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Gundelfingen, das Marie-Curie-Gymnasium in Kirchzarten, das Markgräfler-Gymnasium in Müllheim und das Faust-Gymnasium in Staufen. Es ist also nichts Ungewöhnliches, wenn ein Kreisgymnasium einen individuellen Namen trägt. Viele Schulen trugen diesen Namen bereits, als sie in die Trägerschaft des Landkreises übergingen. Eine Namensänderung, etwa von Kreisgymnasium Bad Krozingen hin zu Walter-Scheel-Gymnasium Bad Krozingen, müsste, so die Auskunft aus dem Landratsamt, von der Schule beantragt werden;  beraten und beschlossen werden müsste sie dann vom Schul- und Kulturausschuss des Kreistags.

Schulleiter Heiko Schrauber erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ich denke, der Prozess einer Namensgebung sollte demokratisch mit und in der Schule entschieden werden. Das Kollegium, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler müssen eingebunden werden und sollten zwischen Alternativen wählen können.“ Schrauber erinnert an einen Beschluss der Gesamtlehrerkonferenz vom 10. April 2019, dass das Thema zum damaligen Zeitpunkt nicht weiter verfolgt werden sollte. Schon damals hatte es entsprechende Vorstöße von extern gegeben. 

Alexander Bippes ist studierter Politologe und einer der gewählten Elternvertreter am Kreisgymnasium. Auf den konkreten Vorschlag, Walter Scheel als Namensgeber,  angesprochen erklärt er: „Ich habe Walter Scheel aus seiner Zeit als Bundespräsident eher als Leichtgewicht  in Erinnerung. Diese Leichtigkeit kann natürlich auch als Volksnähe interpretiert werden.  In Verbindung mit seiner Rolle als Vizekanzler und Außenminister sowie der gemeinsam mit Brandt geprägten Entspannungspolitik  gehört er eindeutig zu einem wichtigen Gestalter der Nachkriegszeit.  Interessant sind auch die „Freiburger Thesen“ von 1971 als erstem deutschen Parteiprogramm mit Vorschlägen zum Umweltschutz, an dem Scheel federführend mitgearbeitet hat.“

 Amelie ist elf Jahre jung  und hat gerade die fünfte Klasse am KGBK absolviert. Sie empört sich, als sie von der Idee einer Umbenennung in Walter-Scheel-Gymnasium erfährt: „Wieso das denn? Wer ist das überhaupt? Kreisgymnasium klingt doch gut!“ Ihr Bruder Ben, 15 Jahre alt und gerade in Klasse 9 versetzt, findet die Idee cool: „Ein erfolgreicher Politiker mit direktem Bezug zu unserer Stadt – warum nicht? Die Abkürzung WSG würde auch besser klingen als KGBK.“ 


Dass Liberale aus der Kurstadt oder auch der „Freundeskreis Walter Scheel“ für eine entsprechende Namensgebung eintreten, liegt nahe.  Wie aber sieht das der parteilose,    der CDU nahestehende Bürgermeister? Volker Kieber gegenüber dem ReblandKurier: „Ich würde den Namen Walter-Scheel-Gymnasium begrüßen. Der Staatsmann Scheel hat  als Außenminister an der Seite von Bundeskanzler Willi Brandt entscheidend  zur Entspannungspolitik zwischen Ost  und West beigetragen. Gerade in so schwierigen Zeiten wie heute ist  die Erinnerung daran wichtig. Walter Scheels Ostpolitik der 70er Jahre war aktive Friedenspolitik und darf auch als erster Schritt in Richtung der Wiedervereinigung verstanden werden, die 1990 vollzogen wurde. Dass der bedeutende Staatsmann Scheel entschieden hat, seinen Lebensabend in unserem Heilbad zu verbringen, ist ein weiterer Grund, hier in Bad Krozingen an ihn zu erinnern – etwa  durch eine entsprechende Namensgebung für unser Gymnasium.“ Der Bürgermeister will diesbezüglich das Gespräch suchen. Ob Schulleitung, Lehrer, Schüler und Eltern den Gedanken aufnehmen  und am Ende gutheißen, sodass der Name Walter-Scheel-Gymnasium  beim Schulträger beantragt wird, bleibt abzuwarten, denn jetzt sind erstmal Sommerferien … Frank Rischmüller