Initiative fordert kurzfristige Teilöffnung des Parkhauses

Beim Bürgerinformationsabend in der Wehrle-Werk-Kantine mit knapp 100 Besuchern wurde kontrovers diskutiert

Emmendingen. Seit Juli 2023 ist das Parkhaus „Marktplatz“ geschlossen und derzeit weiß keiner, wo die Reise hingeht. Die Bürgerinitiative (BI) will die „Beschleunigung der Sanierung und Öffnung des Parkhauses“ vorantreiben und lud dahingehend zu einem Bürgerinfoabend ein. Knapp 100 Interessierte, vorwiegend Geschäftsleute, waren dazu vergangenen Mittwoch in die Wehrle-Werk-Kantine gekommen.

Die Initiative will nicht mehr länger warten, das Heft in die eigene Hand nehmen und bei der Stadt, die das Parkhaus seit der Kaufhaus-Insolvenz 2009 betreibt, eine kurzfristige Teilöffnung erwirken. Parallel dazu wird der Betreiber von der BI aufgefordert, „eine funktionale Ausschreibung zur Suche eines Betreibers und Sanierers als Generalübernehmer auf eigenes Risiko“ auf den Weg zu bringen. Wirtschaftsingenieur Dieter Kiefer, ehrenamtlicher Berater der Initiative, dem von der Stadt ebenso wie die Initiatoren der BI, Friedhelm Baltes, Erhard Schulz und Günther Hoffmann, Eigeninteresse am Parkhaus unterstellt wird, informierte anhand seines „Thesenpapiers“ über die Vorteile eines solchen Verfahrens. „Ich vermisse hier eine offene, kommunalpolitische Zieldiskussion. Die Stadt muss nur loslassen können und die politischen Ziele formulieren“, so der Professor, der seit 2009 im Ruhestand weilt und an der Verwaltungshochschule in Kehl doziert. Public Private Partnership-Projekte (PPP) gewännen immer mehr an Bedeutung, wenn es um die Realisierung öffentlicher Vorhaben gehe, führte er zahlreiche Beispiele aus eigener Praxis an. In vielen Fällen sei es durch PPP möglich, öffentliche Leistungen effizienter, schneller und kostengünstiger bereit zu stellen. „Bei der funktionalen Ausschreibung sparen die Behörden viel Zeit und die Kreativität der Anbieter wird gefordert“, so der Experte. Der Auftraggeber gebe nur vor, was erreicht werden solle, bei der herkömmlichen Ausschreibung sei es genau umgekehrt. 

Umsatzeinbußen in Geschäften
Günther Hoffmann, Inhaber der „Spielspirale“, informierte zur Umfrage in den Innenstadtgeschäften, die vor sechs Wochen durchgeführt wurde. Ergebnis: 14 Ladenbetreiber rund um Marktplatz, Kirch-, Lamm- und Theodor-Ludwig-Straße hätten seit Parkhaus-Schließung Umsatzeinbußen sowie einen Frequenzrückgang festgestellt. „Wir treffen unsere Kunden, darunter viele ältere und nicht mehr mobile Bürger, Menschen mit Handicap oder Familien mit Kindern, nicht mehr so häufig an, wie früher“, so Hoffmann. Für einen gut funktionierenden Einkaufsstandort sei es wichtig, dass man von überall her leicht in die Stadt komme, auch Besucher aus dem Umland müssten mitgenommen werden. Die Stadt widerspricht dieser Aussage und beruft sich dabei auf eine Passanten-Frequenzmessung (wir berichteten). Erhard Schulz verdeutlichte in seinen Ausführungen, dass Emmendingens Weg zur „Klimaneutralen Kommune“ nur mit einer Parkhaus-Sanierung erreichbar sei. Der „Klimasünder Beton“ - über 33 Milliarden Tonnen Beton werden jährlich auf dem Globus produziert - sorge für knapp zehn Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Das sei fast dreimal so viel, wie durch den Flugverkehr produziert werde. 

Teilöffnung sei möglich
Baustatiker Peter Lenz, der das SBU-Gutachten unter die Lupe genommen hat, untermauerte seine Behauptung, dass eine Teilöffnung des Parkhauses aktuell möglich wäre. Der derzeitige Zustand des Gebäudes sei das Ergebnis der 35-jährigen Nutzung in unter anderem schnee- und salzreichen Wintern sowie einer zum Himmel offenen Rampenanlage. Bei Belassen dieses Zustandes würden die Schädigungen also um 2,86 Prozent (1:35) pro Jahr zunehmen, was für noch wenige Jahre hinnehmbar sei. Als „Gegensteuerung“ zu diesem Prozess sollten die derzeit engen Parkplätze reduziert werden, was nicht nur das Ein- und Aussteigen und Beladen komfortabler mache, sondern auch zu einer Reduzierung der angesetzten Nutzlast von 350 Kilopond pro Kubikmeter beitrage. Lenz berichtete, dass er das bereits in seinem Schreiben vom 15. April 2023 an OB Schlatterer sowie in einem zweiten Schreiben an den OB und die Stadtratsfraktionen mitgeteilt und bis heute darauf noch keine Antwort erhalten habe. Friedhelm Baltes skizzierte eingangs die bisherigen Aktivitäten, von der Gründung der „Bürgerinitiative zur Sanierung der Parkgarage“ bis hin zum erfolgreichen Bürgerbegehren mit 2.725 gültigen Stimmen, dessen Wortlaut am 25. Juli vom Stadtrat einstimmig übernommen wurde. Einvernehmlich mit der BI wurde die Stadtbau Emmendingen GmbH, eine Tochter der Stadt, damit beauftragt eine Machbarkeitsstudie zum Parkhaus zu erstellen, in der die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung beziehungsweise eines Neubaus geprüft werden soll. Die Vorstellung dieser Studie hat sich immer wieder verzögert, zuletzt weil das Wehrle-Werk seinen geplanten „Kulturhof“ auf Eis gelegt hat (wir berichteten). 

Kontroverse Diskussion
In der kontroversen Diskussion kochten die Emotionen ab und an über. Im Zusammenhang mit der Verzögerung der Studie schoben BI-Mitglieder und Geschäftsleute auch den Stadträten den Schwarzen Peter zu, die sich vehement verteidigten. Simone Blum (Blum Buch & Büro), die ihre Papeterie in der Kirchstraße geschlossen hat, bestätigte, dass die Frequenz in der Innenstadt vom Parkhaus abhängig sei. „Ich weiß, dass demnächst zwei weitere Geschäfte schließen werden“, so die Unternehmerin. Karl-Friedrich Jundt-Schöttle stellte fest, dass das Wehrle-Werk zu keiner Zeit eine Verpflichtung gehabt habe, Parkplätze zu schaffen oder abzulösen. Alle Möglichkeiten für eine Teilöffnung des Parkhauses müssten geprüft werden. „Die Stadt macht das Wehrle-Werk nun zum Buhmann“, pflichtete Baltes bei. Vorstand Heiner Steinberg betonte im ET-Gespräch, dass das Wehrle-Werk bei Zustandekommen des „Kulturhofs“ der Stadt eine Beteiligung an den Kosten für das Parkhaus zugesagt habe, aber über konkrete Finanzbeträge sei nicht gesprochen worden. „Wir müssen uns im Moment den Herausforderungen des Marktes stellen und deshalb den 'Emmendinger Plan' pausieren“, führte er aus. OB-Stellvertreter Joachim Saar machte deutlich, dass die Stadt mit der Schließung der Parkgarage ihrer Verantwortung nachgekommen sei. Mit der Beauftragung der Stadtbau GmbH eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, sei man bereits nah an einem PPP-Modell. „Eigentlich könnten wir schon seit einem Jahr in einem fertiggestellten Parkhaus parken“, verwies er auf die verhinderte große Lösung des Unmüßig-Projektes „Neuer Markt“. 
Thomas Gaess