Bahnplanung bewegt weiter die Gemüter

Die Befürchtungen der Gemeinden entlang der Rheintalbahnlinie sind vielfältig

Ringsheim (ks). Auf Initiative von SPD-Bundestagsabgeordnetem Johannes Fechner trafen sich die Bürgermeister der Raumschaft mit der neuen Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn, Clarissa Freundorfer, und Christoph Klenert, dem Leiter Stakeholdermanagement des geplanten Großprojekts der Bahn „Ausbau der Rheintalbahn“ im Ringsheimer Rathaus.

Wiewohl Fechner befand, dass „die Bahn in puncto Bürgernähe gelernt“ habe, sei das Großprojekt mit „dramatischen Themen“ für die betroffenen Gemeinden und die gesamte Raumschaft verbunden. Als Beispiele hierfür sprach Fechner die geplante Komplettsperrung der Bahnlinie in der Raumschaft über sechs Jahre und die Verlagerung auf einen Schienenersatzverkehr über Busse an, was ein Verkehrschaos und unvorstellbare Einschränkungen für Schüler und Pendler befürchten lasse. Verständnis zeigte Fechner auch für die Sorge des Europa-Parks, als Magnet der Region sechs Jahre lang von der Schiene abgehängt zu werden.
Als weiteres dramatisches Thema sprach der SPD-Abgeordnete das Eisenbahnkreuzungsgesetz an, bei dem sich die Gemeinden am Brückenbau über die Bahnlinie hinweg finanziell beteiligen müssen. „Wenn sich die Gemeinden an all diesen Kosten beteiligen müssen“ – auf dem Abschnitt zwischen Offenburg und Riegel betrifft das 123 Brücken – „kriegen wir keine genehmigungsfähigen Haushalte mehr hin“, schloss sich Fechner der Sorge der Bürgermeister an. Zudem sei zu befürchten, dass dies juristischen Klärungsbedarf mit sich bringe.

„Wir planen weiter“
Die aus der Besprechungsrunde formulierte Sorge, mit der beschlossenen Schuldenbremse auf Bundesebene und der Vorgabe „Bestand(sanierung) vor Bedarf (Neubauten)“, glaubte Freundorfer entkräften zu können. „Es gibt keine Streichliste für beschlossene Projekte in Planung“, so die neue Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn. Für die Bahn stehe der Ausbau der Rheintalstrecke außer Frage. „Wir planen weiter.“ Zwei der wichtigsten Bahnprojekte lägen in Baden-Württemberg, so Freundorfer: Stuttgart 21 und die Rheintalstrecke.
In der Folge überließ Freundorfer die Klärung der in der Gesprächsrunde aufgeworfenen Fragen, Einwände und Bedenken der Bürgermeister und Ortsvorsteher, die der Einladung Fechners gefolgt waren, Christoph Klenert. Eine Vollsperrung der Ausbaustrecke hält Klenert für sinnvoll, weil die Arbeiten so deutlich schneller durchgeführt werden können - wiewohl er Verständnis für die Sorgen der Raumschaft hinsichtlich des zeitlichen Umstiegs auf Busse zeigte. Wichtig war Klenert die Feststellung, dass in diesem Zeitraum allein die Regionalbahn von der Sperrung betroffen sei, der Regionalexpress ebenso wie der Fern- und Güterverkehr rollen werden.

Interimshalte als Kompromiss?
Auf den Vorstoß von Ringsheims Bürgermeister Pascal Weber und Lukas Schaub vom Europa-Park, Interimshalte in Ringsheim und Lahr einzurichten, versicherte Klenert, dies prüfen zu wollen. Allerdings sei das mit vielen planerischen Überlegungen verbunden: beispielsweise mit Flächen für Bahnsteige und Parkplätzen. Auch die Auswirkungen auf den Schienenersatzverkehr seien bei derlei Überlegungen zu bedenken.
Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz („Wir haben ja mit der Grafenhausener Erklärung gegen die nunmehr beschlossene Lösung ausgesprochen“) verwies darauf, dass im Bereich Ettenheim mit den Brücken der L 103 über die B 3 und über die Bahnlinie „zwei jetzt schon sehr wichtige Verkehrsachsen“ betroffen sein werden. Klenert sicherte zu: „Wir werden auch beim Brückenbau darauf achten, dass der Verkehr nicht zusammenbricht.“ Man werde, wo möglich, nie zwei benachbarte Brücken gleichzeitig an Angriff nehmen.
Pascal Weber erinnerte Klenert und Freundorfer an einen Bundestagsbeschluss, den Personenverkehr auf der alten, den Güterverkehr auf der neuen Strecke an der Autobahn abzuwickeln.

Künftig acht statt bisher zwei Gleise
Das sei gerade auch für Ringsheim („Wir haben künftig in Ringsheim acht Gleise statt bisher zwei“) wichtig. Das sei weiterhin die Marschrichtung der Bahn, so Klenert, vor allem, was den Transitgüterverkehr anbelange. Es gebe aber auch Betriebe in der Region – Klenert nannte beispielhaft Mosolf und Uhl – die auf einen Güterverkehr auf der Bestandstrasse angewiesen sind. „Von bisher 180 fallen 170 bei Ihnen weg“, so Klenert am Weber. Es sei ja bundespolitisches Ziel, gerade auch den Güterverkehr von der Straße weg auf die Schiene zu verlagern. Ein Güterzug ersetze 52 Lkw, gab Clarissa Freundorfer zu bedenken.
Zur Stärkung der Wirtschaftsstandorte wie Lahr sprach sich Lahrs Oberbürgermeister Ibert für ein Güterverkehrsterminal auf seiner Gemarkung nahe der Autobahn aus. „Die Augen geöffnet“ hat Kippenheims Bürgermeister Matthias Gutbrod die angedachte Regelung über einen Schienenersatzverkehrt – und zwar dahingehend, dass man von allen Seiten alles daran setzen müsse, die geplante Umgehungsstraße so schnell als möglich zu bauen – und zwar vor den Baumaßnahmen der Bahn.

„Es droht das totale Chaos“
„Wenn der Schienenersatzverkehr auch noch durch Kippenheim fließen müsste, wäre würde das ins totale Chaos führen“, so Gutbrod – eine Sorge, die er mit Friesenheims Bürgermeister Erik Weide teilte. Orschweiers Ortsvorsteher Bernd Dosch befand die angedachte Lösung der Bahn auf Höhe der Autobahnraststätte als unglücklich. Klenert vermochte ihm allerdings keine Hoffnungen auf eine Planänderung zu machen. „Wir können unsererseits die Raststätte halt nicht verlegen.“
Baldige Planungssicherheit erhofft sich (auch) Riegels Bürgermeister Daniel Kietz. Man wolle den Bahnhof Riegel („Wahrscheinlich einer der unschönsten augenblicklich“) in eine Drehscheibe zum Kaiserstuhl umgestalten. Solange die Bahnplanung nicht bekannt sei, sei das nicht möglich, blockiere das jede eigene Planung. Kürzells Ortsvorsteher Wingert würde gerne das auf der Gemarkung geplante Überholgleis verlegt wissen.
„Wundertüten“ zu erwarten „Sie kennen nun die Sorgen der Region“, so Fechner an die Bahnvertreter und sprach von einer „dramatischen Lage“ da und dort. Bezüglich der zeitlichen Abläufe hielt sich Klenert bedeckt. Ziel sei, im kommenden Jahr in die Planfeststellung einzusteigen. Da werde sicherlich noch die eine oder andere „Wundertüte“ warten.