Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist gesunken

Bundesinnenministerin Nancy Faeser diskutierte im Alten Rathaus zum Thema „Innere Sicherheit“

Emmendingen. Das Thema „Innere Sicherheit“ ist derzeit in aller Munde. Wie kann Kriminalität effektiv bekämpft werden? Braucht es schärfere Strafgesetze? Auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner diskutierte Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Montag im Bürgersaal des Alten Rathauses mit knapp 80 Gästen.

Die erste Innenministerin der Bundesrepublik Deutschland reiste zum Wahlkampftermin direkt aus ihrem Heimatort Schwalbach am Taunus in die Große Kreisstadt. Im Anschluss ging es mit Fechner zu einem weiteren öffentlichen Gespräch zu einem Sportverein in Lahr. Nicht mal ein Jahr ist es her, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Emmendingen einen Besuch abstattete. Auch er suchte das Gespräch mit den Bürgern im Alten Rathaus. Die Große Kreisstadt ist offensichtlich eine gute Adresse. Der Bundestagswahlkampf hat Fahrt aufgenommen.

In Zeiten von stark ansteigender Gewaltkriminalität - im Jahr 2023 wurden bundesweit 214.000 Fälle erfasst (Höchststand seit 2017) - und den schrecklichen Anschlägen auf das Stadtfest in Solingen und den Magdeburger Weihnachtsmarkt stehen die Themen „Innere Sicherheit“ und „Migration“ im Mittelpunkt. „Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist massiv gesunken. Insbesondere wenn einem die Straftäter am nächsten Tag wieder auf der Straße begegnen“, stellte Faeser im Rahmen des regen Austauschs mit den knapp 80 Zuhörern, darunter ehemalige Polizeibeamte, Polizeigewerkschafter, Vertreter des „Weißen Rings“ und einer Rettungshundestaffel fest. Natürlich waren auch einige SPD-Mitglieder anwesend. Wenn jemand straffällig geworden sei, müsse der Staat schnell und konsequent handeln und die Gesetze ausschöpfen, führte sie aus. Angesprochen auf die Rückführung ausländischer Straftäter verwies sie auf den Anstieg der Abschiebungen in 2024 (18.400 Menschen, + 21 %) sowie konstruktive Verhandlungen mit Herkunftsländern, unter anderem Marokko. Deutschland könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, während sich die Nachbarländer wegduckten, sprach sie ebenso vermehrten Grenzkontrollen das Wort. „Nichtsdestotrotz unterstütze ich das Grundrecht auf Asyl“, stellte die Bundesinnenministerin klar.

Fußfessel für Gewalttäter

Auch das Thema „Gewalt gegen Frauen“ wurde erörtert. „Das ist ein gesellschaftliches Problem, das viel zu lange verschwiegen wurde und erst seit rund anderthalb Jahren mehr Platz findet“, so Faeser. Hier brauche es massive strafrechtliche Veränderungen, plädiert sie für eine Fußfessel für Täter. Ende letzten Jahres sei die Änderung des Gewaltschutzgesetzes auf den Weg gebracht worden, mit dem zwei wesentliche Verbesserungen erreicht werden sollen: Zum einen die elektronische Aufenthaltsüberwachung der Täter und zum anderen deren verpflichtende Teilnahme an sozialen Trainingskursen, die sogenannte Täterarbeit. Es gebe nach wie vor zu wenig Schutzräume für Frauen.  Neu: Femizide würden jetzt in der Kriminalstatistik erfasst.

Kein generelles Böllerverbot

Trotz der Silvester-Exzesse in Berlin sprach sich Faeser gegen ein generelles Böllerverbot in Deutschland aus. Das was dort passiert sei, sei völlig inakzeptabel und nicht hinnehmbar. Mit der „Öffnungsklausel“ solle die Zuständigkeit an die Länder delegiert werden. Diese könnten so eigenständig entscheiden. Zum Jahreswechsel waren die Feierlichkeiten in der Bundeshauptstadt einmal mehr ausgeufert: Massenweise Sachbeschädigungen, Verstöße gegen das Waffengesetz sowie 58 Angriffe gegen Polizei und Rettungskräfte hatten für Chaos gesorgt.

Thomas Gaess