Kappel-Grafenhausen (afe). Im Ortsteil Kappel stand am Wochenende ein besonderes Schnapszahl-Jubiläum an. Der Narrenverein der Kappler Rhinschnooge feierte sein 66-jähriges Jubiläum und 33 Jahre Narrengericht mit einer Jubiläumsparty, einem großen Umzug und jeder Menge Gäste aus Nah und Fern. Zudem durfte sich, mit Marion Gentges, Ministerin der Justiz und Migration, ein ganz besonderer Gast dem traditionsreichen Narrengericht stellen.
Schon der Auftakt am Freitag war vielversprechend. Die Festhalle Kappel hüllte sich in ein glitzerndes Partygewandt, ebenso wie die vielen verkleideten Besucher, die sich die Jubiläumsparty der „Rhinschnooge“ nicht entgehen lassen wollten. Zusammen mit der Partyband „Wilde Engel“, wurde ausgelassen und friedlich gefeiert. Lange Zeit zum Ausruhen blieb den Narren jedoch nicht, denn am Sonntag war großes Programm angesagt.
Überall in den Straßen waren die Anwohner auf den Beinen, es wurde nochmal aufgebaut und geschmückt. Mit deutlicher Vorfreude fanden sich dann viele Besucher bereits am Morgen vor dem Rathaus ein, denn nach zweijähriger coronabedingter Pause fand erstmals wieder ein Narrengericht statt. „Die Anklage betrifft heute die große Politik“, ließ der Vorsitzende Richter Johannes Saiger wissen, der das Amt in diesem Jahr erstmals besetzte. Er dankte in diesem Zusammenhang seinem Vorgänger Gerd Kölble, der den Richthammer zuvor, zwölf Jahre geführt hatte, bevor er ihn an Saiger weiterreichte.
Vor dem Narrengericht verantworten, musste sich in diesem Jahr Marion Gentges, Ministerin für Integration und Justiz, die von Gerichtsdiener Max Trotter unter lautem Glockengeleit vorgeführt wurde. Sie wurde zum Zeitpunkt der Anklage an ihrem Schreibtisch in Stuttgart festgenommen. Ihr Widerstand war jedoch zwecklos und auch der Versuch, sich nach dem Vorbild der Klimaaktivisten, am Tisch festzukleben, sei gescheitert, denn das Kappler Strafgericht hatte vorsorglich mit Salatöl vorgebeugt, wie scherzend festgehalten wurde. Ankläger Karl-Heinz Speier verlas die Anklagepunkte nun öffentlich. So wurde der Justizministerin zur Last gelegt, dass sie dem Kappler Narrengericht seit ihrem Amtseintritt als Justiz-Dienstherrin noch nie einen Besuch abgestattet hat, obwohl das Narrengericht als eines der ältesten Gerichte Badens gilt.
Einblicke zur traditionsreichen Geschichte des Narrengerichtes lieferte der Ankläger gleich mit. Im Jahre 1724 fand das Narrengericht erstmals eine urkundliche Erwähnung, die in Zusammenhang mit der Verpachtung der Dorfmühle steht. Der damalige Dorfmüller wurde an Fasnacht zur Spende von Wein und Brot verurteilt. Im Jahre 1990 wurde der Brauch von Ankläger Karl-Heinz Speier und Johannes Laubis wieder zum Leben erweckt. Da Speier, das Amt des Anklägers auch nach 33 Jahren noch bedient, wurde er zum Schnapszahl-Jubiläum nun mit einem Orden der Rhinschnooge ausgezeichnet.
Für die Justizministerin ging der Prozess derweilen schonungslos weiter. Wortgewandt, des Dialektes auch durchaus mächtig, setzte die Ministerin zum Gegengefecht, gestand jedoch: „Das Kappler Gericht hat mich seither nicht gesehen. Ich muss sagen, das stimmt, wenn man es nur vordergründig nimmt“. Denn binnen der letzten beiden Jahre, konnte sie aus ihren schriftlichen Unterlagen nicht entnehmen, dass es einen Prozess in Kappel gegeben hätte. „Wir haben unserer Zeit genug Themen für die Narren geliefert“, scherzte Gentges die etwa die Imagekampagne „The Länd“ anführte. Das Gericht zeigte sich nach kurzer Beratungszeit milde gestimmt und verurteilte die Justizministerin zum Würstchenausgeben und dem Tragen der Jubiläumsstecknadel und des Rhinschnooge-Ordens als symbolischen Charakter. „Es wird mir eine Ehre sein“, gelobte Marion Gentges, die gerne auch zum Jubiläumsumzug blieb.
Nur wenige Stunden später, waren die Straßen in und um Kappel voll. Tausende Besucher, sowie Bürgermeister aus den Nachbargemeinden und auch der Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner waren gekommen, um den Jubiläumsumzug zum 66-jährigen Bestehen zusammen mit den Rhinschnooge zu feiern. Mit dabei waren auch 66 Gruppen mit über 3.500 Hästrägern und einer bunten Mischung aus Musikkapellen, Guggenmusiken und zahlreichen Zünften aus Nah und auch aus Fern. Vertreten waren etwa die Nachbarn aus Rust, Kippenheim, Ettenheim und Lahr.
Die weiteste Anreise legte die Narrenzunft Murreder Hendenwälder aus dem rund 200 Kilometer entfernten Murrhardt zurück. Originell, manchmal auch schaurig, oft bunt, aber immer fröhlich, trieben Hexen, Teufel und Hästräger so allerlei Schabernack und närrische Scherze, auch mit Farbe und Süßkram für die Kleinsten wurde nicht gegeizt. Sehr zur Freude der tausenden, ebenfalls zumeist bunt verkleideten Besuchern, die jeden Scherz mitmachten. Die Stimmung war ausgelassen, friedlich und die Besucher, sowie Umzugsteilnehmer strahlten mit der Sonne um die Wette, die den Umzug trotz der kalten Temperaturen begleitete. Doch die Feierlichkeiten gingen auch nach rund zweieinhalb Stunden nicht zu Ende, denn in Kappels Straßen ging das bunte Treiben weiter. In Höfen und Scheunen, sowie entlang der Rathausstraße gab es mehr als 20 Anlaufstellen zur Versorgung und dem geselligen Zusammensein.
„Wir als Verein sind sehr glücklich wie alles lief. Tausende Narren und Gäste machten dieses Jubiläum für uns unvergesslich“, bilanzierte auch Johannes Saiger am Tag nach dem Jubiläum.