NS-Herrschaft in Müllheim

Büro „Zeitlupe“ nimmt die NS-Zeit in Müllheim unter die Lupe / Historiker suchen Zeitzeugen

Müllheim. Der Rechtsruck in unserer Gesellschaft ist deutlich zu spüren, umso wichtiger ist es, sich noch einmal vor Augen zu führen, wie gefährlich eine solche Entwicklung sein kann. Aus diesem und weiteren Gründen sonn nun die NS-Zeit in Müllheim aufgearbeitet werden. Dem Gemeinderat wurde dazu ein Konzept vorgestellt.  

Die Stadt Müllheim geht einen wichtigen Schritt in der historischen Aufarbeitung ihrer Vergangenheit. Nach intensiven Diskussionen und einer ersten Vorstellung im Hauptausschuss wurde nun  im Gemeinderat das umfassende Konzept zur Aufarbeitung der NS-Geschichte der Stadt vorgestellt. Das Projekt soll  federführend vom wissenschaftlichen Büro „Zeitlupe“ unter der Leitung von Dr. Robert Neisen aus Freiburg durchgeführt werden und  sich über die kommenden zwei Jahre erstrecken. Der Abschluss ist dann für Sommer 2026 geplant. Dann sollen die Ergebnisse  im Rahmen einer Ausstellung im Markgräfler Museum präsentiert werden. Außerdem ist die Veröffentlichung einer  wissenschaftlichen Dokumentation geplant. Sie soll einen Umfang von rund 250 Seiten bekommen. 
Die Zeit der  nationalsozialistischen Herrschaft in Müllheim ist bisher nur unzureichend erforscht. Doch das Interesse an einer umfassenden Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus wächst, insbesondere im Zusammenhang mit der geplanten Entwicklung des „Zivi-Hauses“ zu einem Gedenkort. 
Das Büro „Zeitlupe“ hat sich durch frühere Projekte, wie in Freiburg, Lörrach und Weil am Rhein, bereits einen Namen in unserer Region  gemacht und gilt daher als ausgewiesenes Expertenbüro  in der Erforschung kommunaler NS-Geschichte.  Nun präsentierte Neisen sein fertiges Konzept, welches die umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung  vorsieht. Und das geht gleich los, denn das  Projekt soll schon in diesem Monat mit umfangreichen Archivrecherchen und Objektanfragen bei anderen Museen starten. Außerdem soll nach Zeitzeugen für verschiedene Interviews gesucht werden. 
Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf etwa 174.000 Euro. Das Honorar des Büros „Zeitlupe“ beträgt dabei 85.600 Euro und wird über die Jahre 2024 bis 2026 verteilt. Auch die Produktion der Begleitdokumentation schlägt dabei zu Buche. Hinzu kommen Kosten für die grafische und szenografische Umsetzung der Ausstellung. Der Museumsverein Müllheim beteiligt sich finanziell an dem Projekt und hat für 2024 bereits eine Kostenzusage von 13.000 Euro abgegeben.
Für die hohen Kosten gab es Kritik seitens einiger Räte, die auch die Notwendigkeit des Projekts  hinterfragten. Allerdings hielten andere Stadträte dagegen und betonten noch einmal die Relevanz, dieses Thema gerade in der heutigen Zeit aufzuarbeiten. Außerdem sei es schon jetzt nicht mehr leicht, Zeitzeugen zu finden. „Die Zeitzeugen sterben, daher müssen wir es genau jetzt machen“, betonte auch der Beigeordnete Günter Danksin. Sofie Ritter