Regio. Alwin Wagner, Stellvertretender Geschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, stellte Mitte Oktober den IHK-Konjunkturbericht zum Herbst vor. Mit einem deutlichen Ergebnis: Die deutsche Wirtschaft steckt fest in einer Konjunkturkrise, da macht auch die südbadische Region keine Ausnahme.
Seit rund zwei Jahren kämpfen die Unternehmen am südlichen Oberrhein mit sinkenden Auftragseingängen. Die Folgen sind rückläufige Umsätze und immer weniger Unternehmen, die die eigene Ertragslage als gut bezeichnen. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Südlicher Oberrhein zum Herbst. Zwar sind die Unternehmen mit guter Geschäftslage (25 Prozent) noch knapp in der Überzahl, doch bereits 18 Prozent klagen über eine schlechte Geschäftslage.
Zum ersten Mal seit dem Herbst 2020, der noch ganz im Zeichen der Covid-19-Pandemie stand, geben wieder mehr Unternehmen an, eine schlechte (27 Prozent) Geschäftslage zu haben als eine gute (21 Prozent). Dies macht sich auch in der Investitionspolitik der Industrieunternehmen bemerkbar. Nur noch 22 Prozent von ihnen planen die Investitionen am Standort auszuweiten, während 36 Prozent diese zurückfahren wollen. Ein Ergebnis, das einmal mehr zeigt, dass die Gefahr einer Schrumpfung der industriellen Basis auch für Südbaden besteht.
Die fehlende positive Dynamik verstärkt das Problem jedoch insgesamt. „Es gibt keine Aufbruchsstimmung. Seit fünf Jahren springt die Wirtschaft nicht mehr so richtig an, es geht im Zickzackkurs nach unten“, sagte Alwin Wagner. „Das deutet stark auf strukturelle Probleme am Standort Deutschland hin.“
Auch die Zukunft sieht düster aus: Zum fünften Mal in Folge blicken die Unternehmen am südlichen Oberrhein überwiegend pessimistisch in die Zukunft. 29 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, während nur noch 11 Prozent der Unternehmen optimistisch bleiben.
Sprach man vor der Coronakrise noch von „Vollbeschäftigung“, hat sich die Zahl der Arbeitssuchenden im Kammerbezirk in den letzten vier Jahren um fast 4.000 Personen auf knapp 26.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,5 Prozent auf 4 Prozent an. Auch die Möglichkeit zur Kurzarbeit wurde in den vergangenen Jahren vermehrt von einzelnen Unternehmen genutzt, um so auf eine schwächere Nachfrage zu reagieren. Bereits seit einem Jahr stehen die Zeichen überwiegend auf Beschäftigungsabbau. 27 Prozent der Unternehmen planen einen Personalabbau in den kommenden zwölf Monaten, 57 Prozent möchten ihren Personalstamm stabil halten, nur 16 Prozent wollen diesen vergrößern.
Fast zwei Drittel der Betriebe gaben an, dass sie sich Sorgen über die Inlandsnachfrage machen. Das ist der höchste Wert seit 2011, was die Verunsicherung, die derzeit in vielen Unternehmen herrscht, unterstreicht. Die Entwicklung des Risikofaktors Wirtschaftspolitik ist zudem Ausdruck einer großen Unzufriedenheit. Darin sehen 42 Prozent aller befragten Unternehmen ein Risiko für das eigene Unternehmen. Noch nie in den vergangenen 13 Jahren waren so viele Unternehmen unzufrieden mit der Politik.
Der Eindruck, dass in Deutschland nicht genügend Priorität auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gelegt wird, verfestigt sich immer mehr. Besonders die zu hohe Bürokratiebelastung wird von den Unternehmen oft genannt, so etwa in Bezug auf Bauvorschriften, Berichtspflichten, Datenschutz oder dem Lieferkettengesetz. Aber auch die fehlende Verlässlichkeit zum Beispiel bei Fördermaßnahmen wird angemahnt. Wagner warnte eindrücklich: „Das alles darf einen Standort wie Deutschland nicht kennzeichnen, wo die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen eigentlich ein wesentliches Merkmal sein müsste.“ (RK/ake)