„Wir sind alle Kinder dieser Welt“

Kenzingen war Gastgeber für die Feier des „Europatags“ im Landkreis Emmendingen

Kenzingen (slw). Der Landkreis feiert den Europatag jedes Jahr in einer anderen Stadt oder Gemeinde. Kenzingen war diesmal Gastgeber.

Die „Grundschule An der Kleinen Elz“ gestaltete den Festakt mit seinem Chor auf dem stark frequentierten Marktplatz. „Europa ist gar nicht weit weg“ - für zwei Stunden sogar ganz nah inmitten der Üsenbergerstadt. Sogleich vermittelte der Einstieg des Chors die Botschaft: „Egal wo jemand herkommt, geboren ist oder welche Sprache man spricht, welche Hautfarbe ihm gegeben wurde, spielt alles keine Rolle. Wir sind alle Kinder dieser Welt.“ Ein Appell, miteinander friedvoll und gerecht umzugehen.

„Europa ist mehr als ein politisches Konstrukt“

Mit dem Satz: „Europa ist mehr als ein politisches Konstrukt“, begann Bürgermeister Dirk Schwier seine Rede. Es sei ein Versprechen für Frieden, Freiheit und Gemeinsamkeit über Grenzen hinweg. Gerade die heutige Zeit zeige, wie wichtig das Miteinander sei. Europa müsse sichtbar, hörbar und spürbar bleiben. Seit dem Zweiten Weltkrieg garantiere das Bündnis ein friedvolles Zusammenleben, auch ein Leben in Sicherheit und Wohlstand.

„Gelebte Partnerschaft“

Kenzingen liegt im Herzen des Dreiländerecks und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frankreich. Täglich sei spürbar, wie wertvoll offene Grenzen für eine gelebte Partnerschaft seien. Die grenzüberschreitende Freundschaft sei hier selbstverständlich geworden und demonstriere beispielhaft, was Europa möglich mache.

Unter dem Eindruck der Aufteilung Polens und der revolutionären Umbrüche in Frankreich habe Immanuel Kant 1795 seine Abhandlung „Zum ewigen Frieden“ verfasst . Die Beantwortung seiner Frage, ob und wie ein dauerhafter Frieden in Europa möglich sein könnte, sei freilich ein moralphilosophischer Entwurf geblieben.

Vorkämpfer für Europa

Landrat Hanno Hurth erinnerte in seiner Rede an den 9. Mai 1950. Der damalige französische Außenminister Robert Schuman habe im „Salon de l'Horloge“ eine Erklärung zur Gründung eines europäischen Paktes abgegeben. Der Friede der Welt könne nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedrohung entsprechen müssten, so der Wortlaut. Bereits ein Jahr später sei die Montanunion ins Leben gerufen worden. Die heutige Europäische Union habe 27 Mitgliederstaaten mit rund 500 Millionen Einwohnern. Es lohne sich also für Europa zu streiten – und zu feiern.

„Europa wird kritisiert, mit Recht, aber die Vorteile überwiegen“, betonte Hurth. Vor 80 Jahren ging der fürchterlichste Krieg zu Ende. Das danach ausgehandelte Friedensprojekt bestehe seit 70 Jahren und stelle keine Selbstverständlichkeit dar. Weitere Pluspunkte seien die Garantien zur Einhaltung der Menschenrechte, die Freizügigkeit und eine einheitliche Währung. Kenzingen gehe einen beispielhaften Weg durch intensiven Austausch mit der ostslawonischen Stadt Vinkovci. Die Städtepartnerschaften, so der Landrat, seien „Diplomatie von unten“.

Anne Kirch zugehört

Die Festgäste, der ehemalige Landtagsabgeordnete Alexander Schoch, Alt-Bürgermeister Ernst Schilling, der Waldkircher Oberbürgermeister Michael Schmieder und der ehemalige Landtagsabgeordnete Dieter Ehret hörten der Kenzinger Einwohnerin Anne Kirch gespannt zu, die als junges Mädchen Robert Schuman persönlich kennenlernen durfte. In Erinnerung blieb ihr die Fahrt als Erstklässlerin zum Landsitz des Ministers und seine Einstellung zu Deutschland: „Er hatte Achtung und Respekt vor den Erwachsenen. Ein wirklicher Vorkämpfer für Europa.“

Den Grundschülern unter der Leitung von Christiane Hirzel blieb der Schlussakkord vorbehalten. „Komm wir zieh'n in den Frieden“, ein nachdenklich stimmender Song von Udo Lindeberg. 77 Kehlen setzten so ein Zeichen für Frieden.