Müllheim. Staatsanwältin Mirjam Zäh verliest die Anklageschrift vor dem Müllheimer Amtsgericht: Im Zeitraum zwischen den Jahren 2016 und 2023 habe die 33-jährige Angeklagte Patricia N. aus der Tschechischen Republik gemeinsam mit ihrer Mutter Zusana N. (63) ohne Erlaubnis Hunde der Rasse Zwergspitz in Badenweiler gezüchtet, tierschutzwidrig gehalten und verkauft. Dabei erlitt der Großteil der Tiere massive Schäden. Mit dem Verkauf der Vierbeiner habe sie seit April 2020 über 124.000 Euro erwirtschaftet.
„Beim Betreten des Hauses stieg uns ein sehr intensiver Fäkal- und Uringeruch entgegen“, erinnert sich Polizeihauptmeister Uwe Gutjahr an den Morgen des 31. Juni 2023. Aufgrund einer anonymen Anzeige beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen wurde das Haus in Badenweiler durchsucht. Den Zustand der aufgefundenen Vierbeiner beschreibt er als „sehr, sehr erbärmlich“.
Eine Videoaufnahme der Durchsuchung zeigt zahlreiche Hunde in Katzentransportboxen oder Käfigen im Kellergeschoss. Mitunter sind die Boxen in Regalen gestapelt. Unter ihnen befindet sich auch eine Mutter mit drei Tage alten Welpen. Im ersten Obergeschoss sind vier weitere Muttertiere mit aneinander kauernden Welpen in kleinen Laufställen zu sehen.
Neben dem offensichtlichen Platzmangel merkt Gutjahr an, dass nur etwa die Hälfte der Zwergspitze Zugang zu Trinkwasser hatte – und das auch nur in kleinen Nuckelflaschen, wie sie beispielsweise an Hasenställen angebracht werden. Ferner wurden ein Zuchtkalender und zahlreiche Medikamente ohne deutsche Zulassung sichergestellt.
„Bei dem Bild, das sich uns bot, war klar: Die Hunde können hier definitiv nicht bleiben“, resümiert Melanie Schönberger, Amtsärztin des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald. Die Folgen dieser massiven Einschränkung des Sozial-, Bewegungs-, Erkundungs-, Trink- und Ausscheidungsverhaltens wurden bei einer Untersuchung im Tierheim deutlich: Patellaluxationen Grad 4, parasitä-
re Ohrenprobleme, Lidkrämpfe, Lahmheiten, der Verdacht auf einen Kreuzbandriss sowie stark verfilztes Fell und wunde Hautstellen. Acht Hunde wurden operiert, damit sie wieder schmerzfrei laufen können, ein Welpe musste eingeschläfert werden.
Die 33-jährige Arbeitslose bestreitet, mit dem Verkauf Gewinne erzielt zu haben, und beschwichtigt: „Ich liebe meine Hunde.“ Bei der Durchsuchung habe es sich um eine Momentaufnahme gehandelt. Nach der Nahrungsaufnahme sei für Hunde eine Ruhezeit in ihren Boxen von 15 bis 30 Minuten vorgesehen. Außerdem habe sie regelmäßig einen Tierarzt in Müllheim besucht, der jedoch vorerst aufgrund von Anklagen nicht mehr praktizieren darf. Die Probleme ihrer Zwergspitze hält sie für rasse- und alterstypisch. „Das habe ich den Hunden nicht angetan oder durch die Haltung zu verantworten.“
Richterin Sabine Schlöffel zweifelt das an: „Bei dieser Vielzahl von Erkrankungen nimmt es Wunder, wenn das artgerecht sein soll.“
Mutter und Tochter müssen mit einer Geldstrafe, die 33-Jährige zudem mit Geldbußen rechnen. Hierüber wird am 12. Juni weiter verhandelt. Jessica Maier