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„Ihr liäwi Lit, si isch jetzt do, di Fasentzit“

„Auf den Spuren des Homo Hoorig“: Suche beim Narrenspiel lief sehr erfolgreich

Ettenheim (olb). Im 177. Jahr ihres Bestehens muss man sich um die Zukunft der Narrengesellschaft keinerlei Sorgen machen. Bei der 59. Auflage des Narrenspiels gab es viel Spaß und Kreativität.

„Besser als nie, hän nit derfe wege Pandemie!“ war die Erklärung von Oberzunftmeister Sebastian Winter in seiner Begrüßung, weshalb das Jubiläum erst jetzt gefeiert werden kann. In seinem kurzweiligen historischen Rückblick von der Gründung bis zur Aufnahme in den Verband Oberrheinischer Narrenzünfte (1965) bekam er auch viel Applaus für seine Ansage: „Wenn unter dem Deckmantel der Narren einer hetzt, zeigt Flagge, nie wieder ist jetzt.“

Anmutig
Kurz darauf war auch schon der Narresome im Anmarsch, der unter der Leitung von Christine Jäger in knallpinkfarbenen Tüllröckchen anmutig und mit kessen Blicken über die Bühne wirbelte. Die drei Weinstandlümmler aus dem Narrenrat nahmen Lokales auf die Bulldog-Schippe, beurteilten aus ihrer Sicht Ladenschließungen und spülten ihren närrischen Frust mit manchem Gläschen Äddemer Wiin hinunter: „'s einzig, was in der Innenstadt los isch, sin die Pflasterstein“, lautete ihr Resümee. Die Stadtkapelle unter der Leitung von Simon Ruf intonierte dazu kräftig das Badnerlied zum Mitsingen für alle Gäste im Saal.
Noch vor der Pause legten die Teenies in der Rolle von Opas und Omas einen flotten Rock 'n Roll aufs Parkett und zeigten die Hästräger auf ihrer kurzweiligen Zeitreise das Innenleben der junggebliebenen Narrengesellschaft in allen farbenreichen Nuancen. Dass die Babelotten eine besondere Rolle in der Äddemer Fasent spielen, machten die standhaften, trinkfesten und lustigen neun Frauen deutlich, indem sie selbstbewusst ihr eigenes 70-jähriges Bestehen feierten und spielten. Als neonfarbene Schmetterlinge schlüpften sie aus ihren Kokons und drehten flügelschwingend ihre Kreise auf der Bühne. Sie feierten mit ihrem unwiderstehlich süßen Auftritt auch ihre Vorgängerinnen im Kampf für das Frauenrecht in der Fasent.

Spektakulär
Einen spektakulären Einzug über die Köpfe der Besucher hinweg zeigten die Hähnlefeldhexen, mit wuchtigen Hebefiguren im Karneval in Rio und mit großem Knalleffekt. Marianne und Rainer nahmen sich nach der Stärkung am kalten Buffet die PISA-Studie vor und führten als Rapper und ältere Dame witzig in gereimter Form in die örtliche Fasentkultur ein: „Narri, Narro ihr liäwi Lit, si isch jetzt do, di Fasentzit!“
Dass die Tradition auch interessante Steilvorlagen für die Zukunft liefern kann, wurde bei der Modeschau der Narrenräte sichtbar. Zum großen Spaß des Publikums wurden unter anderem ein Muckedatscher-Bustier und das Stadtlatschi-Kostüm mit Hotpants für den Klimawandel präsentiert. Bei der von Karl Dees und Susi Dietrich einst begründeten Moritat haben der Sänger Alexander, Orgelspielerin Lilly und Vorführer Emil Jäger erfolgreich Premiere gefeiert. Sie boten ein großartiges musikalisches Erlebnis mit viel Selbstironie: „un wenn 's euch an die Düse friert, Gesang hab ich halt nit studiert!“ Wunderbar schräge Töne zu einer 100 Jahre alten Drehorgel.

Dynamisch
Ausgelassene Piratenaction bot das Männerballett in stimmiger Rhythmik unter Leitung von Lea Oberle. Eine Zugabe war da unumgänglich. Das Narrenballett zauberte zum Schluss eine Flamenco-Choreografie in Rot und Schwarz auf die Bühne, bei höchstem Tempo, großer Dynamik und mit wechselnden Formationen.
Oberzunftmeister Sebastian Winter und Zunftmeister Michael Kirnberger dankten allen Helfern und vor allem der Stadtkapelle Ettenheim für die musikalische Begleitung des Narrenspiels. Die Idee für das Bühnenbild im Stile der Höhle von Lascaux, passend zum Motto, stammte von Christian Wenzinger. Das Brüderpaar Daniel und Konstantin moderierte im Dialog souverän das Programm, Daniel als Archäologe, Konstantin als Homo Hoorig.

Gestempelt
Neu aufgenommen und mit dem Stempel der Hoorigen versehen wurden am Freitag Christine Jäger, die die Rasselbande des Narresome und dessen Ballett leitet, sowie Mathias Keifel, Regisseur des Narrenspiels und IT-Beauftragter. Beide sind von Kindesbeinen an Hästräger. Am Samstag erfuhren diese Ehre: Antje Malak und Marianne Grieshaber. Beide bereichern seit Jahren das närrische Treiben in der Stadt zwischen schmutzige Dunschdig bis Fasent-Ende mit ihren originellen Ideen.

Geehrt
Den Verbandsorden in Bronze verlieh der Vizevogt der Vogtei Ortenau im Verband Oberrheinischer Narrenzünfte, Bernhard Schwarz, an Wolfgang Greiff (Narrenrat und Plunderwart), Claudia König (Babelottin seit 2013) und Daniel Frey (seit 2013 Narrenrat, Moderation des Abends mit seinem Bruder Konstantin).