Waldkirch-Kollnau (db). Am kommenden Sonntag, 12. März, findet die Oberbürgermeisterwahl der Stadt Waldkirch statt. Als Kandidaten werden Amtsinhaber Roman Götzmann und Herausforderer Michael Schmieder auf dem Stimmzettel stehen. Am letzten Freitag stellten sich die beiden Kandidaten in der nicht ganz vollbesetzten Kollnauer Festhalle der Öffentlichkeit vor.
Der Countdown läuft in der Kandelstadt. Die OB-Wahl hält die Kandelstadt am kommenden Sonntag in Atem. 17.136 Waldkircher Bürger waren 2015 bei Götzmanns Wahlerfolg 2015 stimmberechtigt (Wahlbeteiligung 56 Prozent). 2023 sind es einige mehr (Wahlrecht ab 16 Jahre). Damals erhielt der gebürtige Heidelberger 72,44 Prozent der Stimmen. Bei der diesjährigen OB-Wahl könnte es möglicherweise etwas spannender werden. Herausforderer Schmieder hatte erst ganz kurz vor Bewerbungsende seine Kandidatur bekanntgegeben.
Fairer Schlagabtausch
Vorneweg: Beide Kandidaten lieferten sich ein durchweg faires und konstruktives Rededuell und verzichteten gänzlich auf Sticheleien oder gegenseitige Vorhaltungen. Beide agierten gewohnt professionell, gut vorbereitet, selbstbewusst und sachlich. Götzmann (SPD) hatte als Amtsinhaber natürlich einen gewissen Vorteil durch jede Menge Insider- und Hintergrundwissen begründet durch seine achtjährigen OB-Amtszeit; Schmieder punktete als „Ur-Waldkircher“ und parteiloser Ortsvorsteher von Siensbach u.a. auch als aktiver Vereinsmensch, Finanzfachmann und als „Mann der klaren Worte“. Es gab wenige Überraschungen bei der knapp zweieinhalbstündigen Veranstaltung inklusive mannigfaltiger Zuschauerfragen. Einzig die Frequenzmessung beim Schlussapplaus der beiden Kandidaten überraschte dann doch ein wenig: Sie fiel bei Herausforderer Schmieder stärker aus wie beim Amtsinhaber.
Starke Moderation
Neben den etwa 400 Menschen in der Halle, verfolgten ca. 700 Bürger den Online-Livestream. Ein dickes Lob muss den beiden Moderatoren, OB-Stellvertreter Michael Behringer und Jakob Crone aus Eichstetten, gezollt werden. Sie führten sehr souverän, teils humorvoll und mit klarer Linie durch den Abend. Vor allem Crone schaffte es als Moderationsprofi, ausschweifende Zuschauerfragen entsprechend „auf den Punkt zu bringen“ und notfalls auch abzukürzen bzw. Vorwürfe und Co-Referate zu stoppen. Beide Moderatoren riefen die Bürger dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.
Spannender und „heißer Abend“
Es war ein wirklich informativer, spannender und „heißer Abend“, was nicht nur an der hohen Temperatur und der etwas stickigen Luft in der Festhalle lag. Beide Kandidaten bekamen während ihrer 15-minütigen Redezeit die Möglichkeit, sich persönlich und ihr Wahlprogramm vorzustellen. Währenddessen musste der Kontrahent jeweils den Saal verlassen. Später erfolgte dann im „Ritt durch die kommunalen Themen“ eine gut einstündige Fragerunde, in der der die Themen Verkehrs- und Bauwesen, Kinderbetreuung sowie Klimaschutz, Jugendthemen und Finanzfragen im Vordergrund standen.
„Mut zu klaren Aussagen“
Schmieder (46 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, parteiloser Kandidat, seit 2009 Ortvorsteher von Siensbach, seit 2019 im Stadtrat) durfte den Anfang machen. Er hat den Slogan „Mit Herz und Leidenschaft für Waldkirch“ über sein Wahlprogramm gestellt. „Kommunikation auf Augenhöhe. Mut zu klaren Aussagen. Sparsames Handeln, moderates Wachstum“, waren u.a. prägende Aussagen des gebürtigen Waldkirchers, der in zahlreichen Vereinen aktiv ist und sich als begeisterter Fußballer und Skifahrer bekennt. Er warnte vor einer „Haushaltsüberlastung“ in Krisenjahren und verwies auf ein Minus im ordentlichen Ergebnis von Minus 2,5 Millionen Euro im aktuellen Haushalt, auf massive Kreditaufnahmen in den kommenden Jahren sowie auf aufgebrauchte Rücklagen bis ins Jahre 2026. Hier mahnte er „maximale Transparenz“ an. Auch die rückständigen Jahresabschlüsse 2017 bis 2022 müssten schnellstmöglich vorgelegt werden. „Wie schnell wollen wir wachsen?“, stellte er die Gretchenfrage. Für jeden Investitionswunsch im Stadtrat, bräuchte es einen entsprechenden Deckungsvorschlag. Durch die Ausweisung von zahlreichen Wohn- und Gewerbegebieten (u.a. Ebertle II, Papiergässle, Faller Werk I, Elzschleife) sei in den kommenden Jahren ein Zuzug von bis zu 2.500 Neubürgern zu erwarten. Etwa 13 Hektar Fläche würden durch die Flächenversiegelung der Landwirtschaft entzogen. Hier votierte Schmieder für eine gewisse Balance im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Schaffung von dringend benötigtem (bezahlbarem) Wohnraum. Schmieder favorisierte bei der Wohnbebauung eher das Gebiet „Spinnweberei Uhingen, als das Gebiet „Elzschleife“ (u.a. Hochwasserproblematik). Hier bestünde ein nicht einfacher Abwägungsprozess für den Gemeinderat. Sorge bereiten ihm ca. 150 fehlende Kita-Plätze. Er warb für gute und bessere Arbeitsbedingungen für die ErzieherInnen, lehnte Container-Lösungen ab und begrüßte den bereits beschlossenen Bruderhaus-Umbau als Kita. Er favorisierte „kostengünstige Fahrradstraßen auf den Nebenstraßen“ (Nein zum Rückbau der Freiburger Straße) und warb für die Gründung einer Energiegenossenschaft analog zu Elzach zur Förderung der regernativen Energieformen wie Windkraft. Klare Aussage später auf Bürgernachfrage in Sachen „Schilderdiskussion: „Durchgängig Tempo 40 in der Stadtdurchfahrt wäre mit persönlich am liebsten“. Abschließend brach er eine Lanze für die Vereinsunterstützung (gleichberechtigte Förderung für die Vereine) in schwierigen Zeiten, die Stärkung der Stadtteile und der Feuerwehr und er machte sich ferne für eine „freundliche und wertschätzende Kommunikation“ in der Verwaltung stark.
Weitblick auf das Ganze
Der 41-jährige Amtsinhaber (verheiratet mit Kathrin Krause, vier Kinder, Politikwissenschaftler M.A. und seit 2019 Mitglied des Kreistages) stellte sich, die „Erfolge der letzten acht Jahre“, seine Leitmotive uns seine Visionen für die Orgelstadt in gewohnt sachlicher und sachkundiger Weise vor. Vieles habe man seit 2015 vorangebracht: den städtischen Wohnungsbau, die fortlaufende Sanierung der städtischen Einrichtungen, den Ausbau der Kinderbetreuung, die Digitalisierung der Schulen und vieles mehr, so Götzmann. „Die ganze Stadt im Blick“, lautet sein Slogan im OB-Wahlkampf gemäß seinem Motto „Prioritäten setzen und das Wichtige nicht aus den Augen verlieren“. Man habe die Flüchtlingskrise sowie die Pandemie-Jahre als besondere Herausforderung gut gemeinsam gemeistert, urteilte Götzmann, der allen Weggefährten der letzten acht Jahre dankte. „Dies alles kann nur gelingen mit einem guten Team in der Verwaltung und der Mitarbeit vieler helfender Hände im ehrenamtlichen Bereich. Das zeichnet unsere Stadt aus, dafür bin ich dankbar“.
Er und seine Familie habe in Waldkirch eine echte Heimat gefunden. „Wir fühlen uns hier zuhause, angekommen“. Diese Heimat wolle er mit „ganzer Kraft, Ideen und Ausdauer“ in den nächsten acht Jahre weiter gut in die Zukunft bringen. „Wir wollen eine lebenswerte und tolerante Stadt mit einer lebendigen Stadtgemeinschaft bleiben“. Er warb für den gesellschaftlichen Zusammenhang (u.a. Unterstützung für die Vereine, Lob für den „Singenden Weihnachtsbaum) und stellte ein Bündel an Maßnahmen zur Gewinnung von Personal für die städtischen Kitas einhergehend mit vielfältigen Bauvorhaben (u.a. Bruderhaus-Umbau zur Kita, St.-Carolus-Erweiterung) vor. Die gute Ausstattung der Schulen sei ihm besonders wichtig. In Sachen „bezahlbarer Wohnraum“ verwies er auf vielfältige Neubauten und Projekte (u.a. mit der Heimbau Breisgau). Bis Ende 2024 wolle man zusammen mit der Wohnungswirtschaft 650 Wohnungen im städtischen Besitz wissen. In der „Elzschleife“ sei die Stadt sogar Eigentümer des Baulandes. Wohnraumschaffung („aktive Grundstückspolitik“), Gewerbeansiedlung (u.a. „Inried“) und „schnelles Internet“ nannte er als weitere Ziele mit höchster Priorität. Götzmann benannte auch zahlreiche Maßnahmen im Zuge des Klimaschutzes (u.a. energetische Sanierung von städtischen Gebäuden, Einstellung eines Klimaschutzmanagers, Solarkampagne). Er stehe für eine solide Wirtschafts- und Finanzplanung, sicherlich erschwert durch die aktuelle Krisenlage. Götzmann brach zudem eine Lanze für die gute Ausstattung der Feuerwehren (u.a. Neubau FFW-Haus Buchholz). „Sie können sich jederzeit auf mich verlassen“, so Götzmann abschließend.
Viele Zuschauerfragen
Es folgte ein gut einstündige Zuschauerfragerunde mit den Schwerpunkten Kinderbetreuung, Verkehrsbelastung, Art und Weise des Wachstums, Inklusion, Schulen und Kitas, Finanzen, Baulandpolitik, Jugend- und Seniorenbelange, bezahlbarer Wohnraum für Familien, Klima- und Hochwasserschutz, Vereinswesen, , Wassernotstand, Flächenversiegelung u.a. Selbstbewusst und auf den „Punkt“ agierten die beiden Kandidaten bei den jeweiligen Schlussworten. Bei warben um die Stimmen der Waldkircher Bürger und wünschten sich im Sinne der Demokratie eine hohe Wahlbeteiligung. Nach dem offiziellen Teil mischten sich die Beiden Kandidaten schließlich unters Volk und es wurde teilweise noch lange und intensiv über die verschiedenen Themen, Sorge und Nöte diskutiert.