Denzlingen (hg). Am Mittwoch vergangener Woche fand auf einem geeigneten Wiesengrundstück südlich von Denzlingen in Nähe der Alten Bundesstraße 3 eine nicht alltägliche „Agroforstpflanzung“ statt. Im Beisein einiger Gemeinderäte und Mitarbeiter des Bauhofes sowie des BLHV-Vorsitzenden Christoph Höfflin pflanzten der Waldökologe Dr. Patrick Pyttel mit Bürgermeister Markus Hollemann einige besonders seltene heimische Laubbäume, nämlich den „Speierling“. Damit wolle man ein „wegweisendes Zeichen im Kampf gegen den Klimawandel und den Rückgang der Artenvielfalt“ setzen. Bäume auf Wiesen und Äckern seien nämlich geeignet für besseres Klima und Artenschutz, erklärte dazu der Waldökologe.
Denzlingen verfüge über beachtliche Streuobstflächen, die für den Erhalt der Artenvielfalt, die Kühlung des Siedlungsraums und die Grundwasserversorgung wichtig seien, betonte Pyttel. Bereits in den Jahren 2019 und 2021 habe man in Denzlingen wie in anderen Gemeinden im Landkreis mit wissenschaftlicher Unterstützung durch die Freiburger Universität einen „Streuobstzensus“ durchgeführt, wobei der alte Streuobst-Baumbestand näher untersucht – und bei dieser Gelegenheit als „bedroht“ erklärt wurde. Überalterung, Pflegerückstände und Trockenheit machen nämlich den Streuobstbäumen zu schaffen, wie man auch bei der Baumpflanzung vergangene Woche mit Blick auf Nachbargrundstücke unschwer erkennen konnte.
„Um diesem Trend entgegenzuwirken, legen wir Agroforstflächen mit seltenen, heimischen Laubbaumarten wie dem Speierling an“, erklärte der Waldökologe, „denn diese Arten gelten als trockenheitstolerant und benötigen weniger Pflege als Obstbäume.“ Durch diese Maßnahme gehe die Gemeinde einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Biodiversitätserhalt und naturbasierter Klimaschutz. Denzlingen habe seine Klimaziele im baurechtlichen Innenraum bereits spezifiziert, betonte dazu Bürgermeister Hollemann. Daher sei er stolz darauf, dass die Gemeinde nun auch im Außenraum neue Wege gehe und damit Pionierarbeit leiste.
Bäume altern mit Besitzern
Mit den privaten Besitzern von Streuobstwiesen würden auch die Bäume älter, wobei sich die Nachfolge-Generation nicht mehr in der früher gewohnten Weise um Streuobstanlagen kümmern könne. Dazu und über weitere betriebswirtschaftliche Aspekte erläuterte Christoph Höfflin als Bio-Bauer mit großen Obstplantagen rund um den Denzlinger Südhof die allseits interessierende Problematik. Denn Obst von hohen Bäumen auf Streuobstwiesen mit möglichen witterungsbedingten „Schönheitsmängeln“ oder gar Fallobst sei heute nicht mehr wirtschaftlich zu vermarkten. Mit allseits verständnisvollem Kopfnicken nahmen sämtliche Teilnehmer der Agroforstpflanzung die Ausführungen Höfflins zur Kenntnis.
Anhand der anschaulich erklärten Multifunktionalität der Agroforstpflanzung machte Patrick Pyttel als Waldökologe deutlich, dass Baumpflanzungen auf Streuobstflächen nicht nur für den Erhalt der Artenvielfalt, die Kühlung des Siedlungsraums und die Grundwasserversorgung sehr hilfreich seien, sondern schließlich auch mit Blick auf die wirtschaftliche Nutzung des Baumes als wertvoller Holzlieferant. So sei das langsam wachsende Holz des „Speierling“ sehr begehrt beim Instrumentenbau, also zum Beispiel für Violinen und andere Streichinstrumente. Weniger geeignet infolge ihres bitterlichen Geschmacks sei hingegen die Speierling-Frucht, die sich allemal als ergänzender Beigeschmack für Most eignet. Ansonsten würden Obstliebhaber die pure Frucht eher „ausspeien“, wie bereits der Name verrät.
Rosengewächs Speierling
Der Speierling war schon immer geschätzt als kurzstämmiges Wildobstgehölz mit seinen herb-säuerlichen Früchten. Auf Nachfrage erklärt der Waldökologe, dass ein freistehender Baum im Laufe von einigen Jahrzehnten etwa zehn bis 15 Meter hoch wird. Der Speierling ist übrigens auch ein ideales Gehölz für einen größeren naturnahen Garten, da er vielen verschiedenen Tieren Unterschlupf und Futter bietet. Der botanische Name dieser europaweit eher seltenen Baumart, den man bei der Pflanzung auf Etiketten lesen konnte, lautet „Sorbus domestica“. Er gehört übrigens zur Pflanzenfamilie der Rosengewächse und benötigt zumindest in jungen Jahren eine gute Pflege. Für Naherholungsuchende werden die jetzt gepflanzten etwa zwei Meter hohen Speierling-Bäumchen in Zukunft wahre Hingucker während ihrer Blütezeit und im Herbst sein, wenn die farbenfrohen, birnen- und apfelähnlichen Früchte weithin sichtbar leuchten.
Um das hier dargestellte Thema zu vertiefen, lädt der Schwarzwaldverein Denzlingen zu einer Wanderung mit dem Bürgermeister und dem Waldökologen ein. Unter dem Motto „Streuobst: gestern – heute – morgen“ werden interessierte Besucher am Samstag, 4. Mai, ab 9.30 Uhr vom Rathausplatz aus zu einer interessanten Exkursion starten, die am Südhof enden soll, wie am Schluss der Agroforstpflanzung angekündigt wurde. Näheres dazu gibt es demnächst in VHzH zu lesen.