Bad Krozingen/Regio. Es hat schon Tradition, dass Dr. Patrick Rapp (CDU), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, dem ReblandKurier im Sommer einen Besuch abstattet. Trotz der Ereignisse um Trump in den USA und des Versagens der Ampel in Berlin, konnten im Sommerinterview mit dem Landespolitiker auch Stuttgarter Themen zumindest gestreift werden.
Sorgen bereiten dem Staatssekretär die wirtschaftliche Situation in Bund und Land. Die Insolvenzen nehmen zu und die betroffenen oder davon bedrohten Betriebe klagen vor dem Hintergrund der weltpolitischen Krisen, kriegerischer Konflikte und des nationalen Fachkräftemangels über eine Überregulierung, die ihnen in vielen Bereichen übergestülpt werde und sie lähme. „Die Politik in Berlin hat mit der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger nichts mehr zu tun“, schimpft Rapp und erklärt: „Ob Heizungen, Mobilität oder das tägliche Essen – überall wird detailreguliert und die Eigenverantwortung wird weggeschoben.“ Der bessere Ansatz sei, wenn die Politik den äußeren Rahmen setze und in diesem Rahmen das freie Spiel der Kräfte zulasse. Dieses sei inspirierend und erfolgversprechend.
Zum Glück sei die Zusammenarbeit in Stuttgart harmonischer und zielführender als in Berlin, bemerkt Rapp, obwohl es auch in der Landesregierung kontroverse Themen gäbe. So wolle seine CDU staatliche Regulierungen im Allgemeinen und bei der Windkraft im Besonderen schneller und weiter zurückfahren als der Koalitionspartner. Rapps These: „Wir müssen mehr Eigenverantwortung möglich machen!“ In diesem Prozess sei vieles zu überdenken. Ein Alltagsbeispiel: „Wenn ein Kindergartenkind von der Schaukel fällt und sich das Knie anschlägt, müsse – Stand jetzt – die Erzieherin beweisen, ob sie dem Kind zuvor zum Schaukelführerschein verholfen habe und wo genau sie, die Erzieherin, sich zum Zeitpunkt des Unfalls befand. Der Schaukelhersteller muss eine TÜV-Abnahme und diverse andere Prüfungen des Spielgerätes nachweisen, die Kommune müsse Zertifikate erbringen, dass alles ordnungsgemäß aufgebaut und gewartet worden war und das am Boden verteilte Hackschnitzel zum Abfangen von Stürzen müsse bitte sehr aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammen – der Rechtsanwalt der Eltern des gestürzten Kindes fordere das alles ein. Das sei der Zeitgeist, meint Rapp und ruft zur Umkehr auf: „Wir müssen unseren gesunden Menschenverstand wieder einschalten und die Dinge ganzheitlich betrachten!“
Auch mit den Medien hat Rapp ein Hühnchen zu rupfen. Die Cannabis-Freigabe habe über Monate die Schlagzeilen bestimmt. Die wirtschaftliche Schieflage, die Notwendigkeit Anreize für Unternehmensansiedlungen in Baden-Württemberg zu schaffen seien dadurch verdrängt worden. Das erschwere die Arbeit in Stuttgart enorm.
Mit einer Komplettumstellung auf E-Mobilität trotz vieler ungeklärter Fragen, von der Entsorgung des Giftmülls der Batterien bis zur Klärung der Herkunft des Stroms, wenn dieser regenerativ sein müsse, ist Patrick Rapp nicht einverstanden. Der Staatssekretär fordert Technologieoffenheit. Als sinnvolle Beispiele nennt er Wasserstoff im Transportwesen und synthetische Kraftstoffe für den Individualverkehr. Auch hier gelte wieder: „Wir müssen weg von dem politischen Willen, alles regulieren zu wollen. Nachhaltigkeit als Teil eines Qualitätsstandards muss selbstverständlich sein. Das gilt es praktisch umzusetzen und nicht als Monstranz vor sich herzutragen.“ Frank Rischmüller